Kleinunternehmerregelung - Umsatzsteuerbefreiung bis 55.000€
Stand: Juli 2025 Primärquelle: § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 – ris.gv.at
Einleitung
Die Kleinunternehmerregelung ist eine umsatzsteuerliche Ausnahme im österreichischen Recht (UStG), die es Kleinunternehmer:innen und Einzelunternehmen mit begrenztem Jahresumsatz ermöglicht, keine Umsatzsteuer zu verrechnen, keine Voranmeldung einreichen zu müssen und in der einfachen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu bleiben. Sie dient der Verwaltungsvereinfachung und richtet sich an selbstständige Gründer:innen, Freiberufler:innen, sowie Handels- und Dienstleistungsbetriebe.
Vorsicht: Es besteht keine Pflicht zur Umsatzsteuervoranmeldung, solange keine Umsatzsteuer geschuldet wird. Eine Umsatzsteuerjahreserklärung muss jedoch dennoch abgegeben werden (§ 21 Abs. 6 UStG).
Gesetzliche Grundlage & Umsatzgrenzen
Laut aktueller Fassung des UStG gilt: Umsätze sind steuerfrei, wenn der Jahresnettoumsatz im Inland 55.000 € netto nicht überschreitet. Dieses Limit gilt seit dem 1. Jänner 2025; zuvor lag die Grenze bei 35.000 € (Gültig bis 2024). Bei Überschreiten der Umsatzgrenze (wenn keine Toleranzregelung greift), entfällt die Umsatzsteuerbefreiung rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr. Alle Umsätze des Jahres werden dann umsatzsteuerpflichtig.
Beispielrechnung (präzise & praxisnah)
- Beratungsleistung: 51.000 € netto
- Verkauf gebrauchter Bürogeräte (Hilfsgeschäft): 3.000 €
Hier beträgt der relevante Nettoumsatz 51.000 €, weshalb die Umsatzgrenze nicht überschritten wird und die Kleinunternehmerregelung bleibt anwendbar. Nicht in die Umsatzgrenze einzubeziehen sind z. B. steuerfreie Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a oder Z 9 lit. a (z. B. Grundstücksumsätze) oder echte Hilfsgeschäfte wie der Verkauf gebrauchter Anlagegüter, sofern sie nicht regelmäßig erfolgen.
Die Umsatzgrenze bezieht sich ausdrücklich auf den reinen Nettoumsatz, also ohne enthaltene Umsatzsteuer – und gilt ausschließlich für die Umsatzsteuer. Andere Steuerarten wie Einkommensteuer, Gewerbesteuer oder Sozialversicherungsbeiträge sind nicht betroffen.

Wer kann die Kleinunternehmerregelung nutzen?
Die Regelung steht allen Unternehmer:innen mit Sitz oder Betriebsstätte in Österreich offen – also Einzelunternehmer:innen, Freiberufler:innen, Personengesellschaften und auch juristische Personen (wie GmbHs) können grundsätzlich die Kleinunternehmerregelung nutzen, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen – was in der Praxis aber selten der Fall ist – sofern sie unter der Umsatzgrenze bleiben. Voraussetzung ist:
- Jahresnettoumsatz (Inland) max. 55.000 €
- Keine Umsätze, die zwingend steuerpflichtig sind (z. B. innergemeinschaftliche Lieferungen, Ausfuhrlieferungen)
Keine Leistungen, die gesetzlich vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind.
Umsätze und Berechnungsgrundlage
Für den Schwellenwert werden alle umsatzsteuerpflichtigen Inlandsumsätze berücksichtigt. Ausgenommen sind Umsätze aus Hilfsgeschäften, wie der Verkauf gebrauchter Anlagegüter, sowie steuerfreie Umsätze wie Grundstückstransaktionen. Auch innergemeinschaftliche Lieferungen oder Exportlieferungen fließen nicht in die Berechnung ein.
Somit umfasst die maßgebliche Umsatzsumme alle im Inland ausgeführten Leistungen, die ohne Kleinunternehmerregelung umsatzsteuerpflichtig wären – einschließlich bei Umsatzsteuerpflicht einzureichender Rechnungen –, bleibt aber im Rahmen der Umsatzsteuerbefreiung steuerfrei.
Wirkungen der Steuerbefreiung & Vorsteuerabzug
Die Steuerbefreiung betrifft ausschließlich die Umsatzsteuer. Kleinunternehmer:innen müssen keine Voranmeldung abgeben, keine Umsatzsteuer verrechnen und haben auch kein Recht auf Vorsteuerabzug – ein wesentlicher Nachteil für Unternehmen mit laufenden Einkaufsumsätzen.
Wichtige Info: Kleinunternehmer:innen können keinen Vorsteuerabzug geltend machen, selbst wenn sie betriebliche Leistungen mit Umsatzsteuer bezahlen.
Rechnungslegung
Kleinunternehmer:innen dürfen keine Umsatzsteuer in Rechnungen ausweisen. Stattdessen muss auf die Steuerbefreiung hingewiesen werden – zum Beispiel mit:
„Umsatzsteuerfrei gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG.“
Ein versehentlicher Ausweis der Umsatzsteuer führt zur Pflicht, diese „unechte Steuer“ gemäß § 11 Abs. 12 UStG dennoch vollständig an das Finanzamt abzuführen – auch ohne Zahlung durch den Kunden.
Überschreiten der Umsatzgrenze – steuerliche Folgen
Wird der Nettoumsatz von 55.000 € innerhalb eines Kalenderjahres überschritten, tritt ab dem überschreitenden Teil sofort die volle Umsatzsteuerpflicht ein – einschließlich Ausweis, Vorsteuerabzug und verpflichtender Umsatzsteuervoranmeldung.
Tipp: Eine gesetzlich festgelegte Toleranzgrenze von 15 % (bis max. 63.250 €) existiert. Wird diese nicht überschritten, bleibt die Steuerbefreiung bestehen – vorausgesetzt, der Vorjahresumsatz lag unter 55.000 €.
Beispiel: Umsatzsteuer bei Überschreiten der 55.000-Euro-Grenze
Stell Sie sich vor, eine Kleinunternehmerin erzielt im Jahr 2025 folgende Umsätze (netto):
- Umsätze bis November: 50.000 €
- Im Dezember kommt ein großer Auftrag hinzu: 20.000 €
Gesamtsumme: 70.000 € netto
Wie wirkt sich das auf die Umsatzsteuer aus?
- Bis einschließlich November bleibt sie Kleinunternehmerin, da die Grenze von 55.000 € noch nicht überschritten ist.
- Im Dezember wird die Umsatzgrenze von 55.000 € überschritten — und zwar um 15.000 € (70.000 € – 55.000 €).
Das bedeutet:
- Da die Grenze von 55.000 € überschritten wurde und keine Toleranz mehr greift, verliert sie rückwirkend mit Jahresbeginn die Steuerbefreiung. Alle Umsätze des Jahres (also 70.000 €) werden umsatzsteuerpflichtig.
Folgende Pflichten entstehen ab Überschreitung:
- Die volle Umsatzsteuerpflicht gilt für das ganze Jahr.
- Sie muss für alle Umsätze ab diesem Zeitpunkt Umsatzsteuer berechnen, auf Rechnungen ausweisen und abführen.
- Die Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt eingereicht werden.
- Der Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht ab dann ebenfalls.
Wichtig: Wird die Umsatzgrenze von 55.000 € netto pro Kalenderjahr überschritten, fällt die Steuerbefreiung rückwirkend für das gesamte Jahr weg.
Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung
Ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist möglich – muss aber schriftlich dem Finanzamt gemeldet werden. Der Verzicht ist bindend für fünf Kalenderjahre und verpflichtet zur Anwendung der regulären Umsatzsteuerregelung mit Vorsteuerabzug.
Aufzeichnungspflichten & Buchführung
Kleinunternehmer:innen sind verpflichtet, ihre Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß aufzuzeichnen. Eine einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung genügt in den meisten Fällen. Eine doppelte Buchführung ist nur erforderlich, wenn dies z. B. im Unternehmensgesetzbuch oder bei bestimmten Rechtsformen vorgeschrieben ist.
Fazit
Die Kleinunternehmerregelung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG ist eine zentrale Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmen mit max. 55.000 € Umsatz. Sie erleichtert die Rechnungslegung, reduziert Verwaltungsaufwand und kommt ohne Umsatzsteuervoranmeldung aus. Der Verzicht auf Vorsteuerabzug sowie die Konsequenzen bei Überschreitung der Umsatzgrenze sind wesentliche Kriterien für die Anwendung. Ein bewusster Verzicht ist möglich, aber fünf Jahre bindend.
Häufige Fragen zur Kleinunternehmerregelung (Österreich)
Muss ich die Kleinunternehmerregelung beantragen?
Nein. Wenn du die Voraussetzungen erfüllst, gilt die Steuerbefreiung automatisch. Du musst sie nicht extra beantragen, aber auf Rechnungen den Hinweis „Umsatzsteuerfrei gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG“ anführen.
Was passiert, wenn ich über die 55.000 €-Grenze komme?
Sobald Sie die Umsatzgrenze von 55.000 € netto pro Jahr auch nur um 1 Cent überschreitest, verlieren Sie rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr die Steuerbefreiung. Dann müssen Sie:
- Umsatzsteuer für alle Umsätze des Jahres abführen
- USt-Voranmeldungen abgeben
- Ihre Rechnungen entsprechend anpassen
- keinen Vorsteuerabzug für frühere Einkäufe nachträglich geltend machen (außer nachträgliche Versteuerung)
Wer darf die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen?
Alle Unternehmer:innen mit Sitz oder Betriebsstätte in Österreich, deren Jahresnettoumsatz im Inland 55.000 € nicht übersteigt, können die Kleinunternehmerregelung anwenden – unabhängig von Rechtsform oder Branche. Ausgenommen sind Umsätze, die zwingend steuerpflichtig sind oder vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.
Kann ich freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung verzichten?
Ja. Sie können freiwillig zur Regelbesteuerung optieren und damit zur umsatzsteuerpflichtigen Behandlung Ihrer Leistungen übergehen. Der Verzicht muss schriftlich dem Finanzamt erklärt werden und ist für mindestens fünf Jahre bindend.
Kann ich als GmbH die Kleinunternehmerregelung anwenden?
Ja, auch eine GmbH kann Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein – entscheidend ist ausschließlich der Umsatz. Allerdings ist das in der Praxis selten, weil GmbHs meist höhere Umsätze erzielen und ohnehin zur doppelten Buchführung verpflichtet sind.
Habe ich als Kleinunternehmer:in Anspruch auf Vorsteuerabzug?
Nein. Solange Sie unter die Kleinunternehmerregelung fällst, dürfen Sie keine Vorsteuer aus betrieblichen Einkäufen abziehen. Erst mit dem Wechsel zur Regelbesteuerung (freiwillig oder nach Grenzüberschreitung) sind Sie dazu berechtigt.
Wie lange darf ich Kleinunternehmer:in bleiben?
Solange Ihre Jahresnettoumsatz die 55.000 € nicht übersteigt, können Sie die Regelung unbegrenzt anwenden. Es gibt keine zeitliche Begrenzung – die Einhaltung der Umsatzgrenze ist das einzige entscheidende Kriterium.