Insolvenz in Österreich: Was Sie wissen sollten
Einleitung
Eine Insolvenz ist für viele Menschen und Unternehmen eine schwierige Situation, die oft mit Unsicherheiten und Fragen verbunden ist. Tatsächlich betrifft dieses Thema jedes Jahr Tausende Menschen in Österreich. Allein im Jahr 2024 wurden über 6.500 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet – das entspricht rund 18 Firmenpleiten pro Tag. Im privaten Bereich ist die Lage ähnlich ernst: Mehr als 8.800 Privatpersonen mussten ein Schuldenregulierungsverfahren durchlaufen.
In diesem Beitrag erläutern wir, was eine Insolvenz eigentlich ist, welche Formen es gibt und wie das Verfahren in Österreich abläuft. Außerdem räumen wir mit einem häufigen Missverständnis auf: dem Unterschied zwischen Insolvenz und Konkurs.
Stecken Sie finanziell gerade in der Klemme? Rechnungen stapeln sich, die Liquidität schwindet, und erste Gläubiger melden sich bereits ungeduldig? Keine Panik – noch ist nichts verloren. In vielen Fällen lässt sich die Situation noch stabilisieren, bevor es überhaupt zu einem Insolvenzverfahren kommt. Wichtig ist nur: Warten Sie nicht zu lange. Je früher Sie handeln, desto größer sind die Chancen auf eine nachhaltige Lösung.
Kurz gesagt, ist „Insolvenz“ ein Oberbegriff für Verfahren bei Zahlungsunfähigkeit. „Konkurs“ bezeichnet meist das Liquidationsverfahren, bei dem ein Unternehmen aufgelöst wird.
Tipp: Unternehmen können bereits vor einer Zahlungsunfähigkeit ein gerichtliches Reorganisationsverfahren nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) einleiten – sofern rechtzeitig erkannt wird, dass eine wirtschaftliche Schieflage droht.
Was bedeutet Insolvenz?
Der Begriff Insolvenz beschreibt die Situation, in der eine Person oder ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, ihre/seine fälligen Zahlungen zu leisten – man spricht von Zahlungsunfähigkeit. In Österreich ist die Insolvenz gesetzlich im Insolvenzrecht geregelt, das unter anderem im Insolvenzordnungsgesetz (IO) festgeschrieben ist.
Es gibt zwei Hauptgründe, warum eine Insolvenz festgestellt wird:
- Zahlungsunfähigkeit – wenn laufende Zahlungen (z. B. Miete, Kredite, Lieferantenrechnungen) dauerhaft nicht mehr bedient werden können.
- Überschuldung – vor allem bei Unternehmen relevant, wenn die Schulden das Vermögen dauerhaft übersteigen und keine Aussicht auf Sanierung besteht.
Ein Insolvenzverfahren hat das Ziel, entweder:
- eine geordnete Schuldenregulierung zu ermöglichen (z. B. über Raten oder einen Sanierungsplan), oder
- eine faire Verwertung des Vermögens zur Rückzahlung der Gläubiger zu sichern.
Für Privatpersonen bietet das Verfahren oft einen Weg zur sogenannten Restschuldbefreiung – also einen wirtschaftlichen Neuanfang nach mehreren Jahren, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Was ist der Unterschied zwischen Konkurs und Insolvenz?
Die Begriffe Insolvenz und Konkurs werden oft synonym verwendet – besonders in der Alltagssprache. Tatsächlich handelt es sich aber um unterschiedliche Bezeichnungen mit leicht abweichender Bedeutung.
In Österreich war „Konkurs“ bis zur Insolvenzrechtsreform 2010 die gängige Bezeichnung für das gerichtliche Verfahren bei Zahlungsunfähigkeit – sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. Seitdem spricht man offiziell von „Insolvenzverfahren“, das sowohl Konkursverfahren (bei Unternehmensschließung) als auch Sanierungsverfahren umfassen kann.
Der Begriff Konkurs ist im Gesetz zwar nicht mehr enthalten, wird aber umgangssprachlich weiterhin häufig verwendet – vor allem bei Unternehmensinsolvenzen.
Arten der Insolvenz in Österreich
In Österreich unterscheidet man grundsätzlich zwei Hauptformen der Insolvenz – abhängig davon, ob es sich um eine natürliche Person oder ein Unternehmen handelt.
1. Privatinsolvenz (Schuldenregulierungsverfahren)
Privatpersonen, die dauerhaft überschuldet sind, können ein sogenanntes Schuldenregulierungsverfahren beantragen – umgangssprachlich oft als Privatinsolvenz bezeichnet. Dieses Verfahren ist ausschließlich natürlichen Personen vorbehalten, also beispielsweise Arbeitnehmer:innen, Pensionist:innen oder ehemalige Selbstständige.
Dabei gibt es zwei zentrale Varianten:
- Zahlungsplan: Der Schuldner bietet den Gläubigern eine Rückzahlung in Raten an. Eine Mindestquote ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Wird der Plan angenommen, läuft er meist über fünf bis sieben Jahre.
- Abschöpfungsverfahren: Kommt keine Einigung zustande, beginnt die gerichtliche Abschöpfung. Hierbei wird das pfändbare Einkommen über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren durch einen Treuhänder eingezogen. Wer nichts zahlen kann, kann unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach drei Jahren eine Restschuldbefreiung erhalten.
Ein erfolgreich abgeschlossenes Verfahren bedeutet für viele einen vollständigen wirtschaftlichen Neubeginn.
2. Unternehmensinsolvenz
Für juristische Personen wie GmbHs oder Aktiengesellschaften sowie für Einzelunternehmen (e.U.) gelten eigene Regelungen. Je nach Ausgangslage kann entweder ein Sanierungsverfahren oder ein Konkursverfahren eingeleitet werden.
Beim Sanierungsverfahren liegt der Fokus auf dem Erhalt des Unternehmens. Dafür muss der Schuldner den Gläubigern einen Sanierungsplan vorlegen, der eine Mindestquote – also eine bestimmte Rückzahlungsrate – vorsieht: Mindestens 30 % bei Fremdverwaltung oder 20 % bei Eigenverwaltung. Wird der Plan von der Gläubigerversammlung angenommen und fristgerecht erfüllt, kann das Unternehmen nach erfolgreicher Durchführung schuldenfrei weitergeführt werden.
Kommt eine Sanierung nicht infrage, wird ein Konkursverfahren eröffnet. Dabei wird das Unternehmen aufgelöst und das Vermögen verwertet. Ein gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter übernimmt die Abwicklung. Die Gläubiger erhalten anteilig eine Quote aus der Insolvenzmasse, bevor das Unternehmen schließlich aus dem Firmenbuch gelöscht wird.
Außergerichtlicher Vergleich: Erste Option vor dem Insolvenzgericht
Bevor ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird, besteht für Privatpersonen wie auch für Selbstständige die Möglichkeit eines außergerichtlichen Vergleichs. Dabei wird mit den Gläubigern direkt eine einvernehmliche Lösung gefunden – zum Beispiel durch Teilrückzahlungen oder verlängerte Fristen.
Ein solcher Vergleich erspart die Verfahrenskosten, eine öffentliche Bekanntmachung und ist oft der schnellste Weg zur Entschuldung. Die Beratung durch Schuldnerberatungsstellen ist in dieser Phase besonders hilfreich.
Rechte und Pflichten der Schuldner:innen
Im Insolvenzverfahren haben Schuldner:innen in Österreich sowohl Rechte, die sie schützen, als auch Pflichten, die sie erfüllen müssen, um eine Entschuldung zu erreichen:
Rechte:
- Schutz vor Zwangsvollstreckung: Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind keine Einzelpfändungen oder Klagen durch einzelne Gläubiger mehr zulässig. Alle Forderungen werden gesammelt im Verfahren abgewickelt.
- Existenzminimum bleibt gesichert: Das monatliche Einkommen darf nur bis zur gesetzlichen Pfändungsfreigrenze herangezogen werden (aktuell rund 1.130 € netto bei Alleinstehenden; steigt bei Unterhaltspflichten auf z. B. 1.565 € mit einem Kind).
- Möglichkeit zur Restschuldbefreiung: Wer das Verfahren ordnungsgemäß durchführt und alle Auflagen erfüllt, kann nach einer bestimmten Zeit (je nach Verfahren meist 3–5 Jahre) von den verbliebenen Schulden befreit werden.
- Recht auf rechtliches Gehör und Beteiligung: Schuldner:innen dürfen sich rechtlich beraten lassen und bei Gläubigerversammlungen oder Tagsatzungen mitwirken.
- Verfahrensbetreuung durch Masseverwalter: Der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter sorgt für einen geordneten Ablauf und unterstützt auch bei Rückfragen zur Abwicklung.
Pflichten:
- Offenlegung aller finanziellen Verhältnisse: Einkommen, Vermögen, Schulden, Forderungen und Verträge müssen vollständig und korrekt angegeben werden. Verschweigen oder Täuschen kann zum Abbruch des Verfahrens führen.
- Mitwirkungspflicht während des Verfahrens: Schuldner:innen müssen aktiv mitarbeiten, alle angeforderten Unterlagen bereitstellen und auf Rückfragen des Gerichts oder des Masseverwalters zeitgerecht reagieren.
- Pflicht zur Erwerbstätigkeit: Wer arbeitsfähig ist, muss sich nachweislich um eine angemessene Arbeit bemühen oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen – besonders relevant bei der Restschuldbefreiung.
- Meldung von Änderungen: Änderungen des Einkommens, Wohnsitzes oder Familienstands müssen umgehend gemeldet werden.
- Pünktliche Zahlung vereinbarter Raten: Im Zahlungsplan oder bei der Abschöpfungspflicht müssen festgelegte Beträge zuverlässig geleistet werden – sonst droht der Abbruch des Verfahrens.
- Keine neuen Schulden: Während des laufenden Verfahrens dürfen keine neuen Verbindlichkeiten eingegangen werden, die nicht gedeckt sind.
Was sind die Konsequenzen einer Insolvenz?
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zieht verschiedene Auswirkungen nach sich – sowohl auf finanzieller, rechtlicher als auch auf persönlicher Ebene.
Finanziell bedeutet eine Insolvenz in erster Linie, dass das vorhandene Vermögen zur Begleichung der Gläubigerforderungen verwendet wird. Das kann Bankguthaben, Wertgegenstände, aber auch Immobilien betreffen. Gleichzeitig wird die Bonität der betroffenen Person oder des Unternehmens langfristig eingeschränkt: Banken und Kreditgeber sehen Insolvenzeinträge als hohes Risiko, was künftige Finanzierungen erschwert.
Auf rechtlicher Ebene bedeutet die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, dass Gläubiger nicht mehr eigenständig klagen oder pfänden dürfen. Alle Ansprüche müssen gebündelt im Verfahren geltend gemacht werden. Bei Unternehmen kann dies zur endgültigen Löschung aus dem Firmenbuch führen – sofern keine Sanierung erfolgt.
Persönlich und beruflich ist eine Insolvenz oft belastend. Dennoch kann sie auch eine echte Chance bedeuten: Mit konsequenter Durchführung und rechtlicher Unterstützung bietet die Insolvenz die Möglichkeit, wirtschaftlich neu zu starten und schuldenfrei zu leben.
Tipps zur Vermeidung & Vorbereitung einer Insolvenz
- Frühwarnzeichen erkennen: Zahlungsschwierigkeiten, Mahnungen, Liquiditätsprobleme.
- Schuldnerberatung suchen: Kostenlose Beratungen nutzen.
- Kommunikation mit Gläubigern: Offene Gespräche und schriftliche Vereinbarungen.
- Finanzplanung: Einnahmen und Ausgaben im Blick behalten.
- Rechtliche Schritte: Vergleiche oder Sanierungsverfahren erwägen.
- Wissen & Information: Sich informieren und weiterbilden.
Insolvenz als Neuanfang verstehen
Eine Insolvenz ist kein persönliches Versagen – sondern ein rechtlich geregelter Weg, um aus einer aussichtslosen finanziellen Situation herauszukommen. Sie bietet sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen die Möglichkeit, ihre Schulden geordnet zu regulieren und wieder auf wirtschaftlich stabile Beine zu kommen. Wichtig ist dabei: Wer sich frühzeitig informiert und Unterstützung holt, erhöht die Chancen auf einen erfolgreichen Neustart erheblich.
Unterstützung gewünscht? Wir sind für Sie da
Wenn Sie selbst mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sind – sei es als Privatperson oder Unternehmer:in –, zögern Sie nicht, sich Unterstützung zu holen. Wir helfen Ihnen dabei, Ihre Möglichkeiten realistisch einzuschätzen, begleiten Sie durch alle Phasen eines Insolvenzverfahrens und zeigen Ihnen Wege, wie Sie langfristig wieder Fuß fassen können.
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FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Insolvenz in Österreich
Welche Schulden können durch eine Insolvenz gelöscht werden?
Grundsätzlich alle ungesicherten Schulden, wie Kreditrückstände, offene Rechnungen oder private Darlehen. Gesicherte Forderungen, z. B. durch Grundpfandrechte, bleiben bestehen.
Kann auch ein Gläubiger die Insolvenz beantragen?
Ja, nicht nur Schuldner, sondern auch Gläubiger oder Behörden können ein Insolvenzverfahren beantragen, wenn Forderungen nicht beglichen werden.
Kann ich nach einer Insolvenz wieder einen Kredit bekommen?
Ja, aber es kann mehrere Jahre dauern. Ein positiver wirtschaftlicher Neuanfang, finanzielle Stabilität und eine gute Kreditgeschichte sind Voraussetzung.
Muss ich bei Privatinsolvenz meine Immobilie verkaufen?
Nicht unbedingt. Es kommt darauf an, ob die Immobilie als Vermögen zur Schuldentilgung herangezogen werden kann. In manchen Fällen bleibt das Eigenheim geschützt, wenn es angemessen genutzt wird.
Wie wirkt sich eine Insolvenz auf meine berufliche Zukunft aus?
In den meisten Berufen hat eine Insolvenz keine direkten Konsequenzen. In bestimmten Branchen, wie dem Finanz- oder Versicherungswesen, können Einschränkungen auftreten.
Kann ich während des Insolvenzverfahrens ein Unternehmen weiterführen?
Ja, besonders bei einem Sanierungsverfahren ist die Fortführung des Unternehmens möglich, sofern ein Sanierungsplan vorliegt und die Gläubiger zustimmen.
Was passiert, wenn ich meinen Pflichten im Insolvenzverfahren nicht nachkomme?
Das Verfahren kann abgebrochen oder die Restschuldbefreiung versagt werden, was eine Verschlechterung der Situation bedeutet.